Das dreifache Priestertum

 

Primizpredigt bei der Primiz von P. Martin Strau§ SOCist in der Stadtpfarrkirche von Zwettl am 28. Juni 1981 (13. Sonntag im Jahreskreis A)

Ein Primiztag war in frŸheren Zeiten immer ein ganz gro§er Freudentag und zwar nicht blo§ fŸr den Primizianten und seine  Angehšrigen, sondern auch fŸr die ganze Pfarrgemeinde, aus der der Neupriester hervorgegangen war. Ist dies der Primiztag heute auch noch? Hier in Zwettl allem Anschein nach wirklich, wie sich am gestrigen Empfang des Neupriesters am Hauptplatz und die gro§artigen Ansprachen des Sprechers des Pfarrgemeinderates und des geschŠtzten Herrn BŸrgermeisters gezeigt haben. Da und dort aber ist die Freude –trotz der Seltenheit von Priesterweihen und Primizen – nicht mehr so gro§, weil man fŸrs erste das vielfach in Frage gestellte Amts- oder Weihepriestertum nicht mehr so schŠtzt wie frŸher, und zweitens weil bisweilen bittere EnttŠuschung darŸber herrscht, dass sich der Neupriester – wie ich es erlebt habe – bei der Primiz ganz gro§ feiern und beschenken lŠsst und dann schon nach kurzer Zeit seinen heiligen Beruf aufgab.

Wenn heute hier in der Stadt Zwettl ein gebŸrtiger Zwettler, der zugleich Ordensangehšriger des ehrwŸrdigen Zisterzienserstiftes Zwettl, dieser alten, hochverdienten Kuenringer-Stiftung, ist, Primiz feiert, nachdem er vor zwei Tagen, am Herz-Jesu-Fest, in der strahlend schšnen Stiftskirche zum Priester geweiht worden ist , so liegt darin wahrlich Anlass zu echter Freude. Denn was wŠren schon die bestens renovierten StiftsgebŠude, die anlŠsslich der niederšsterreichischen Landesausstellung wieder auf Glanz gebracht wurden, wenn jene aussterben mŸssten, die einst in diesem alten Waldviertler Stift so segensreiche Rodungsarbeit, kulturelle Aufbauarbeit, missionarische Bekehrungsarbeit und erfolgreiche Seelsorgsarbeit hier und weit darŸber hinaus geleistet haben und dieser vierfachen Aufgabe als Mšnche und Priester auch in den kommenden Generationen noch nachkommen sollen!

Zur Freude Ÿber den neugeweihten Ordenspriester des Stiftes Zwettl gesellt sich heute unwillkŸrlich der Wunsch und die Bitte, er mšge in der Gemeinschaft seiner MitbrŸder und im Geist von ãMori mundoÒ das immer mehr und sehr bewusst verwirklichen, was Christus im Evangelium des heutigen 13. Sonntags (im Jahreskreis A) von jenen fordert, die ihm nachzufolgen bereit sind.

†ber das heutige vielsagende Sonntagsevangelium hinaus, das meditierend zu Ÿberdenken sich immer wieder gerade fŸr Ordensleute lohnen wŸrde, mšchte ich nun das aufzeigen, was den katholischen Priester ausmacht. DafŸr hatte ich mir einen anderen liturgischen Text als das Sonntagsevangelium ausgesucht, nŠmlich die PrŠfation, die am GrŸndonnerstag, am Stiftungstag der Sakramente der Priesterweihe und der heiligsten Eucharistie der Bischof bei der sogenannten Chrisammesse zu beten hat.  Ich treffe mich bei dieser Textwahl ganz mit dem Neupriester, denn als ich ihn gestern fragte, welche liturgischen Texte er fŸr die Primizmesse gewŠhlt habe, sagte er, er nehme die treffende Sonntagsmesse, nur anstelle der vorgesehenen SonntagsprŠfation mšchte er die PrŠfation der Chrisammesse nehmen, weil diese Ÿber das Priestertum so bedeutsame Aussagen mache.

TatsŠchlich wird in dieser PrŠfation Ÿberaus klar, tief und schšn ausgesagt, worum es bei dem als Lebensberuf und nicht etwa blo§ auf Zeit und auf Widerruf von Jesus Christus gestifteten Weihe- oder Amtspriestertum in der Gemeinschaft des priesterlichen Volkes Gottes des Neuen und Ewigen Bundes geht.

Darum wollte ich diesen Text zur Grundlage fŸr meine †berlegungen zum heutigen Priesterfest bei dieser Primiz wŠhlen, zumal daran auch ein hochverdienter Priester, der vor 60 Jahren hier seine Primiz feierte und ein anderer Priester, der vor 25 Jahren hier seine Primiz feierte, teilnehmen.

Die PrŠfation der Chrisammesse lautet so:

ãIn Wahrheit ist es wŸrdig und recht, Dir, Herr, Heiliger Vater, allmŠchtiger, ewiger Gott, immer und Ÿberall zu danken.

Du hast Deinen eingeborenen Sohn gesalbt mit dem Hl. Geist und ihn bestellt zum Hohenpriester des Neuen und Ewigen Bundes. Du hast bestimmt, dass dieses eine Priestertum fortlebe in Deiner Kirche. Denn Christus hat Dein ganzes Volk (himmlischer Vater) ausgezeichnet mit der wŸrde seines eigenen kšniglichen Priestertums. Aus ihm (dem Volk Gottes) hat er in brŸderlicher Liebe Menschen erwŠhlt, die durch Handauflegung teilhaben an seinem priesterlichen Dienst. In seinem Namen feiern sie (die geweihten Priester) immer neu das Opfer, durch das er (Christus) die Menschen erlšst hat, und bereiten Deinen Kindern  (himmlischer Vater) das Ostermahl.

Sie (die geweihten Priester) dienen Deinem Volk (Vater im Himmel) in Werken der Liebe, sie nŠhren es durch das Wort, sie stŠrken es durch die Sakramente. Ihr Leben sollen sie (die geweihten Priester) einsetzen fŸr Dich (himmlischer Vater) und fŸr das Heil der Menschen.

Sie sollen dabei dem Vorbild Christi folgen und Dir (Vater im Himmel) ihre Liebe und ihren Glauben in Treue bezeugen.

Darum preisen wir Dich mit allen Chšren der Engel und singen vereint mit ihnen das Lob Deiner Herrlichkeit.Ò

 

Ich mšchte nun, liebe BrŸder und Schwestern im Herrn, in dieser Primizpredigt gar nichts anderes tun als diesen vielsagenden Text der PrŠfation der Chrisammesse vom GrŸndonnerstag kurz zu erklŠren und zu kommentieren.

1.    Ist in dieser PrŠfation davon die Rede, das Gott Vater seinen vielgeliebten, wesensgleichen, eingeborenen Sohn mit dem Heiligen Geist gesalbt und ihn zum Hohenpriester des Neuen und Ewigen Bundes bestellt hat und zwar im Augenblick der Menschwerdung des Sohnes Gottes im jungfrŠulichen Mutterscho§ Mariens.

Eine ganz wichtige Feststellung ist dies: Jesus Christus ist der eigentliche und einzige Hohepriester. Auf ihn kommt alles an. Er allein ist das Ma§, an dem alles zu messen ist. Und ohne ihn ist die Kirche nichts und kann die Kirche nichts. Ohne ihn sind die Priester der Kirche und kšnnen die Priester der Kirche nichts. Christus ist es, der – vom Heiligen Geist gesalbt und geweiht – durch den Vater in die Welt gesandt worden ist, um zu suchen und zu retten, was verloren war. Er ist es, der – als Opferpriester und Opfergabe zugleich – sich in restloser Gehorsamshingabe an den Willen des Vaters als SŸhnegabe fŸr die Erlšsung und EntsŸhnung der ganzen Menschheit hingeopfert hat. Christus selbst ist es letztlich, der predigt und tauft, der losspricht und das eucharistische Opfer feiert, in welchem sein Kreuzesopfer immerfort gegenwŠrtiggesetzt wird mitten unter uns. Zu uns allen, ob Priester oder glŠubige Laien, sagt der Herr das, was er im Gleichnis vom Weinstock und den Reben gesagt hat: ãOhne mich, getrennt von mir kšnnt ihr nichts tun!Ò

2.    folgt dann in der genannten PrŠfation die Feststellung: Gott Vater hat bestimmt, dass das eine Priestertum Jesu Christi in der einen, heiligen Kirche fortleben soll und Christus hat im Auftrag seines Vaters das ganze neutestamentliche Volk Gottes mit der WŸrde seines kšniglichen Priestertums ausgezeichnet.

So betont es der erste Papst, der hl. Petrus, nachdrŸcklich, wenn er in seinem 1. Brief von allen Getauften, die zusammen die eine Kirche bilden, schreibt: ãTretet nŠher zu ihm, dem lebendigen Stein, der zwar von den Menschen verworfen, vor Gott Vater aber erlesen und kostbar ist, und lasst euch selbst einbauen als lebendige Bausteine, als Tempel im Geiste zu einer heiligen Priesterschaft, um vom Geist beseelte Opfer darzubringen, die durch Jesus Christus Gott Vater wohlgefŠllig sind, wie in der Hl. Schrift darŸber geschrieben steht: ãSieh, ich lege in Sion einen Eckstein, erlesen und kostbar, und wer auf ihn vertraut, wird nicht zu Schaden werden. Ihr, die ihr glaubt, habt an seiner Kostbarkeit teil – fŸr die Glaubenslosen aber ist Er der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der nun zum Eckstein geworden ist, zum Stein, an dem man sich stš§t, zum Felsen des €rgernisses. Es sto§en sich daran, die dem Wort (Gottes) nicht glauben wollen... Ihr aber seid ein auserwŠhltes Geschlecht, eine kšnigliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein zu eigen erworbenes Volk, damit ihr Gottes Gro§taten verkŸndet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat!Ò (1 Petr 2,4-10)

Wenn sich doch das priesterliche Volk Gottes, die Kirche am Ort in den einzelnen Pfarrgemeinden, dieser priesterlichen WŸrde immer bewusst wŠre, vor allem im rechten Lebenswandel und im schšn gestalteten und aktiv mitgefeierten Gottesdienst, besonders am Sonntag, am Tag des Herrn und dies dann am Werktag zum Ausdruck brŠchte, vor allem in brŸderlichem Liebesdienst aller gegen alle, um so miteinander und fŸreinander als priesterliches Volk Gottes Kirche zu sein.

 

3.    Die dritte Feststellung, die nun in der zitierten PrŠfation getroffen wird, ist die, dass Christus aus dem priesterlichen Volk Gottes in seiner unbegreiflichen Liebe einzelne Menschen erwŠhlt, die durch Auflegung der HŠnde des Bischofs in besonderer Weise teilhaben an seinem priesterlichen Dienst.

Das Priestertum des geweihten Priesters ist Ÿber das allgemeine Priestertum des ganzen priesterlichen Volkes Gottes hinaus und Ÿber das allgemeine Priestertum jedes Getauften hinaus eine ganz besondere, wesentlich hšhere Anteilnahme am Priestertum Jesu Christi. Der geweihte Priester ist dazu erwŠhlt und berufen, dem Hohenpriester Jesus Christus seinen Mund und sein Herz, seine HŠnde und FŸ§e zu leihen, um so in der Person Christi, durch Ihn und mit Ihm und in Ihm alles zu tun, was ihm auf dem zugewiesenen Posten vom Bischof oder vom zustŠndigen Ordensoberen aufgetragen wird.

 

4.    Welche AuftrŠge dies sind, wird dann in der zitierten PrŠfation der Reihe nach sehr schšn aufgezŠhlt:

(1)   Im Namen Christi feiern die geweihten Priester immer neu das Opfer, durch das der Herr die Menschen erlšst hat, und sie bereiten dabei den GlŠubigen das Opfermahl der heiligsten Eucharistie.

(2)   Dem Volk Gottes haben die geweihten Priester zu dienen in Werken der Liebe.

(3)   Das Volk Gottes haben die geweihten Priester geistigerweise zu ernŠhren durch die VerkŸndigung des Wortes Gottes

(4)   Und sie haben das Volk Gottes zu stŠrken durch die Spendung der hl. Sakramente.

Das ist die vierfache gro§e, heilige Aufgabe, die dem geweihten Priester gestellt ist: Dienst am Volk Gottes durch 1) wŸrdige Feier der hl. Messe, 2) durch selbstlose LiebestŠtigkeit, 3) durch unverfŠlschte Wort-Gottes-VerkŸndigung und 4) durch wirksame Sakramentenspendung! FŸr den unglŠubigen, ganz in das Materielle versunkenen Menschen bedeutet das alles wenig. Jeder Priester aber, der in glŠubiger Sicht die Grš§e und Bedeutung dieser vierfachen priesterlichen Aufgabe richtig und tief erfasst hat, wird nie in seinem Leben diesen priesterlichen Dienst treulos aufgeben, sondern wird trotz mancher Schwierigkeiten, EnttŠuschungen und Misserfolge tapfer durchhalten und immer wieder aus innerster †berzeugung jene Worte dankbar sprechen, die im 2. Eucharistischen Hochgebet an Gott gerichtet werden: ãWir danken Dir, o Herr, dass Du uns berufen hast, vor Dir zu stehen und Dir zu dienen!Ò

 

5.    Zuletzt wird in der genannten PrŠfation noch die Haltung beschrieben, die die Priester ihr Leben lang, ãsemper et ubiqueÒ, immer und Ÿberall, einnehmen sollen:

(1)   Ihr Leben sollen die Priester fŸr Gott und das Heil der Menschen einsetzen und dabei dem Vorbild Christi folgen, der sein Leben aus selbstlosester Liebe fŸr die Verherrlichung des Vaters und fŸr das Heil der Menschen restlos eingesetzt hat

(2)   Die Priester sollen Gott ihre Liebe und ihren Glauben in Treue bezeugen, ja in Treue bis in den Tod.

 

Zu solcher Haltung braucht es Gnade und Kraft von oben, die erbetet werden wollen, weil die eigene Kraft allzu leicht auf Grund der menschlichen Gebrechlichkeit erbŠrmlich versagen wŸrde. Zum Gebet der Priester selbst um Treue im heiligen Beruf und in der ErfŸllung der ihm gestellten Aufgaben sollte auch immer wieder das Gebet des priesterlichen Volkes Gottes, das Gebet der GlŠubigen kommen. Ja, wir bitten Euch, glŠubige Menschen, herzlich darum, damit wir in Treue das wirklich sind, was wir sein sollen.

Wenn ich eingangs auf traurige WeggŠnge aus dem priesterlichen Dienst hingewiesen habe, so sei jetzt aber die Feststellung angefŸgt, dass doch die weitaus grš§te Zahl der Priester zu ihren heiligen Aufgaben und Ÿbernommenen Verpflichtungen in treue steht und dass viele Priester, was heute oft verschwiegen wird, mit ganzer, restloser Hingabe Gott und dem Volk Gottes treu und opferbereit dienen.

†berdies sind viele Priester, wie so manche Selig- und Heiligsprechungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten wieder bewiesen haben, in ihrem priesterlichen Leben und Wirken zu vorbildlicher Heiligkeit in der Nachfolge des ewigen Hohenpriesters Jesus Christus herangereift. Ich erinnere aus der gro§en Zahl solcher Priester nur an den bekannten Ordenspriester Maximilian Kolbe, der so mutig und tapfer sich in schwerster Zeit des polnischen Volkes in marianischer Dienstbereitschaft fŸr den wahren, unverfŠlschten Glauben eingesetzt hat und dafŸr und im stellvertretenden Leibesdienst an einem Familienvater im Konzentrationslager Auschwitz sein Leben im Martyrium hingeopfert hat.

Nach dem Vorbild dieses seligen Priesters und all der vielen anderen heiligen Priester im Geist von ãmori munoÒ und nach dem strahlenden Vorbild der Mutter und Kšnigin der Zisterze Gott suchen, Gott finden, Gott dienen in den Mitmenschen durch Werke der geistlichen und leiblichen Barmherzigkeit, das mšge auch unserem Neupriester voll und ganz gelingen, damit er am Ende seines Priesterlebens in der ewigen Seligkeit die PrŠfation der Primizmesse mit all den vielen ihm im priesterlichen Dienst anvertrauten Menschen zu Ende sprechen kann, wo es hei§t: ãDarum preisen wir Dich, Vater im Himmel, mit allen Chšren der Engel und singen vereint mit ihnen das Lob Deiner HerrlichkeitÒ in alle Ewigkeit. Amen